Mar 23, 2009

A Zombie Amongst Us

The appearance of a Zombie is a frightening sight.

What bothers me with recent German scholarship on China and Taiwan is that it still follows two outdated leads to view Taiwan as either a) as part of China proper (although not openly falling in with the "renegade province" CP hymn), or b) as the "other", the "free" China, as the alternative to authoritarian rule and role model for China's development.
Either one does little to enhance our understanding of Taiwanese society.

What they actually do is carry on colonialist and imperialist myth, the only difference being not Western colonialism the culprit, but the Chinese claim on the island in its place taken for granted. In a way, Taiwan has grown to play the part of the reparation the West is willing to pay for all the harm and sorrow it has shed on China in the past.
Since the 1980s the metaphor of the "other China" has become less and less attractive due to China's opening up and integration into the capitalist World system. Notions of democratic change through economic liberation and rising incomes are still going strong, so the hopes for China becoming a democratic state have increased since then. On the other hand, relativism has told us that democracy does not follow a teleologic script. It might just not fit in everywhere.
But does that ease our mind on the fact that we abandon countries which have democratized all by themselves? Can we value potential economic gain over our ideological commitment to fellow democracies (which in the long run is a commitment to our very own democracy)?

Viewing Taiwan as "China" or at least as part of it has nothing to do with Taiwan. It is about Western hopes and fears, not to mention the distinctly European origin of the mere constructs that have enabled political entities such as the nation state to rise to global domination in the first place. Taiwan has had millions of years not belonging to anybody but itself. And that's the way it should be. If there ought to be someone to judge the political affiliation of that island at all, it is its population and no one else.
In light of post-colonial theories, the troublesome concepts of Chinese Taiwan should be abandoned in an instant. All they do is continue an outmoded way of thinking, and this thinking has already profoundly impacted the ways in which Taiwanese see themselves. True liberation of the minds comes through liberation from colonial thinking.

A Zombie, even a mere conceptual one, should be laid to peaceful rest eventually, not to trouble future generations with its "one country" claims.

Mar 17, 2009

萊比錫書展,我的感想

每年三月是萊比錫書展,德國第二大的 (只法蘭克福的更大)
這次也是臺北書展基金會第一次來到萊比錫
有許多臺灣作家演講
其中有比較 established 的 (陳玉慧)、有代表年輕臺灣文學的 (伊格言)、也有動心的詩人 (鴻鴻)
很好!

我很幸運,有機會認識了一些很善良的人
演講也算是很成功的
有德國出版公司對伊格言的作品很有興趣
所以十分希望明年臺北書展基金會可以再來

我雖然不在那工作,仍然大部分的時間都在他們攤子那裏
或隔壁的臺北代表處之攤子

因爲我們與臺灣只能有偷偷的國際關係,所以臺灣也不能有所謂的領事館
雖然功能一莫一樣
you may call that humiliating
since that is what it is
要不然威力的鄰居會生氣
德國商人可能沒有別國家商人的好處
太可惜了

我跟臺北代表處的一些人聊聊天,不小心談政治
代表處員對臺灣獨立國的未來並不樂觀
因爲已經可看到將來的暗示
國民黨政府不只不願意對金錢外交再花那麽多錢
而在外交的預算案都逐漸減少

臺北代表處在德國能花的錢越來越少

已經不知道明年能不能再來書展
1992年第一次來的
這種文化代表很重要:
雖然中國的攤子一定比我們的大、比我們的漂亮、中國作家比我們多、也一定會收較多注意
還是有人故意來找我們
還是有人在管臺灣小寶島的命運

因爲他們知道臺灣與中國不同的部分在哪
他們知道臺灣人努力地達到自由和民主
給他們看臺灣不斷以這種努力為澳很重要
這樣對臺灣已經有意見的人才不會放棄它

去年換了執政黨對代表處很有關係
在德國非常受歡迎的臺灣代表謝志偉被趕走
換了一個官僚主義者
代表處員告訴我,德國記者打電話想知道臺灣對莫一件事情的看法,
新的代表不會出一件
這樣工作氣氛對代表處員來說已經沒有意義了
好像代表對臺灣這地沒有特別的意見

這對臺灣在西方人的角度内有不好的結果
記者的影響力隨處都很大
記者如果不會收代表處的意見資料

就會去找別的資源
這樣做會間接地幫助中國看法更普及
而注意臺灣的人越來越少

支持臺灣這個民主國家的人
不少
可是他們需要先見到臺灣人民自己願意不惜代價地保護珍貴的民主制
以及表示臺灣人自己要民主、要平等、要獨立
目前還趕得到時間
怕七年後會太晚
目前的政府已在準備經濟合作與中國大陸越來越密切,更多地靠大陸
同時把國際代表減少
對我來說,都暗示到我不想經歷的未來

我們一起努力吧
我們別分開兩派
我們做真正的我們吧!

Mar 10, 2009

50 Jahre tibetischer Aufstand

Der Deutschlandfunk hatte eine Reportage im heutigen Kalenderblatt:
(leider dürfen die Beiträge des Kalenderblattes, jeden Tag um 9:05 Uhr, nicht mehr als stream online gestellt werden, darum hier der reine Text)


Aufstand der Tibeter

Vor 50 Jahren: 80.000 Tote bei Protesten gegen die chinesische Besatzung

Von Otto Langels

Schon im Herbst 1949, gleich nach der Machtübernahme der Kommunisten in Peking, erhob China Anspruch auf das Territorium Tibets. Ein Jahr später marschierte die Volksbefreiungsarmee Mao Zedongs in den Himalaya-Staat ein. Versuche der tibetischen Bevölkerung, sich mit der kommunistischen Regierung zu arrangieren, schlugen fehl. Die Proteste und bewaffneten Aktionen gegen die Besatzungsmacht eskalierten schließlich Anfang März 1959.

"Am frühen Morgen des 10. März 1959 versammelten sich nach Sonnenaufgang Tausende von Tibetern vor der Sommerresidenz des Dalai Lama. Die große Menschenmenge strömte wegen eines Gerüchts zusammen, wonach die chinesischen Kommunisten planten, den Dalai Lama zu einer Kulturveranstaltung in das chinesische Militärhauptquartier einzuladen und dort festzunehmen. Bis zum Mittag hatte sich der Aufruhr in einen allgemeinen Volksaufstand verwandelt."

So beschreibt der chinesisch-amerikanische Historiker Chen Jian in seiner Geschichte der tibetischen Rebellion den Ausbruch der Unruhen in der Hauptstadt Lhasa.
Die Vorgeschichte des Aufstands reicht in das Jahr 1949 zurück, unmittelbar nach der Gründung der Volksrepublik China, als die kommunistische Regierung Jahrhunderte alte Ansprüche auf die Himalaya-Region geltend machte. Peking ignorierte die 1913 proklamierte staatliche Unabhängigkeit Tibets und erklärte, das Land von den so genannten "imperialistischen Kräften" und dem "reaktionären Feudalregime in Lhasa" befreien zu wollen. 1950 marschierte die chinesische Armee in Tibet ein. Ein Jahr später schloss eine Delegation des Dalai Lama, des geistlichen und weltlichen Oberhaupts der Tibeter, mit der chinesischen Regierung ein 17-Punkte-Abkommen. Darin heißt es unter Anderem:

"Das tibetische Volk soll in die große Völkerfamilie des Mutterlandes der Volksrepublik China zurückkehren. Das tibetische Volk hat das Recht zur Ausübung regionaler Autonomie unter der Führung der zentralen Volksregierung."

In den Augen der Tibeter war das Abkommen jedoch nicht rechtmäßig, sondern durch massiven politischen und militärischen Druck aus Peking zustande gekommen.

"Tibet sah sich diesem großen Nachbarn aus dem Osten ausgesetzt, alleine, und da blieb nichts anderes, als das Beste aus der Situation zu machen. Und die einzige Möglichkeit war natürlich, den Feind zu beschwichtigen."



Weiter geht es hier.

Dafür gibt es ein Interview mit dem Gesandten des Dalai Lama in Deutschland, Keysan Gyaltsen.

Die Lage beschreibt er schon ziemlich drastisch, v.a. wenn man die dürftige Quellenlage zur Hand nimmt. "Das ganze Land ein großes Gefängnis"... Ist natürlich die Darstellung nur der einen Seite. Dennoch: man muss doch nicht das Land abschließen bzw. für ausländische Tibeter, die die Unabhängigkeit vertreten, unzugänglich machen. Ist ja schon so, als würde ihnen damit ein - ich möchte es mal "Menschenrecht" nennen, genommen, nämlich die Rückkehr in die Heimat. Stimmt schon, das passiert heute an leider viel zu vielen Orten. Auch kommt das Interview um einiges nüchterner und realistischer daher als so manche Partei-Propaganda.

Die Zeit hat schon etwas zynisches an sich. Lässt man sie durch Nichtstun verstreichen, löst sie manche Fragen wie von selbst. In einigen Jahren wird es die Debatte um den "Freiheitskampf der Tibeter", über das Wie und Wann, vielleicht gar nicht mehr geben. Tibet könnte dann so in die VR inkulturiert sein, dass die tibetische Kultur zu einem musealen Artefakt wird. Zwar wird dann hoffentlich Frieden herrschen, aber die Tibeter werden in ihrer Mehrzahl wohl Chinesen sein. Da können die einzelnen Personen vor Ort natürlich nichts für.

Ich mache mir bloß gerade Gedanken, über welch extraordinäre Macht das Modell des "Nationalstaates" eigentlich verfügt, wenn es Legitimation für Besetzung, Ausübung von Vorherrschaft, Bildung einer einheitlichen "nationalen" Kultur werden kann. Ohne dass es als historisches Produkt hinterfragt würde! Es gibt keine real existierenden Grenzen (von einigen natürlichen mal abgesehen), sie sind nur künstlich von uns gezogen. Ich habe beim Schreiben einer Hausarbeit über die Vormacht des "Staates" über "Religionen" (bei vorheriger "säkularer" Trennung der beiden "Bereiche") reflektiert, doch das gleiche ließe sich auch von "Kulturen" oder "Ethnien" sagen. Dieses Modell des modernen Nationalstaates hat uns, der Erdbevölkerung, viel Leid und Zwietracht gebracht. Vielleicht gehört es deswegen in die Schublade der (postmodernen) Geschichte.

Mar 8, 2009

Wenn Kinder das Sagen hätten...

Kinder drücken meist direkt und ehrlich das aus, was sie denken. Was läge also näher, als Kinder zu den Themen zu Wort kommen zu lassen, die so klar und einfach beantwortet werden können, über die wir uns jedoch böse die Köpfe zerbrechen und manchmal sogar gegenseitig einschlagen würden...?




Surrender : Director: Tung-Wang Wu | Genre: Documentary | Produced In: 2004

Synopsis: SURRENDER is a documentary in which Taiwanese children of 4 to 8 years old talk about their views on surrendering to China. Asking children big questions sounds silly, and living under China's threat to Taiwan is no laughing matter. As in my other recent works, I explore the concept of reversal to provoke an accidental stream of unexplored thoughts and discover alternative perspectives on the conventional wisdom about social issues, in this case, China's constant threat to Taiwan.

Die hier interviewten hinreißenden Kinder leben auf Kinmen, der Insel direkt vor der Festlands-Küste, die aber zu Taiwan (resp. der Republik China) gehört. Infos über den Autoren, der 2004 mit "Surrender" auf dem Talent Campus der Berlinale vertreten war, hier.

Ich habe ein Weilchen hin und her überlegt, ob man Kinder unbedingt mit solchen Fragen konfrontieren muss... Und ich bin zu keinem Schluss gekommen. Warum sollte man ihnen nicht den Verstand zutrauen, auch mit solch heiklen Dingen umzugehen?

Dann wiederum drücken Kinder oft genug genau das aus, was sie in ihrem sozialen Umfeld tagtäglich zu hören und sehen bekommen. Mit diesem Gedanken im Hinterkopf können wir durchaus Schlüsse aus den Aussagen der Kinder ziehen... In Taiwan wird auch in der nächsten Generation kein "chinesisches" Bewusstsein entstehen, sondern sich der statistisch schon nachgewiesene Trend fortsetzen, sich distinkt, artikuliert und selbstbewusst als "Taiwaner" zu identifizieren.

Was mir nicht gefällt, ist dieser nationalistische Unterton bei allem und jedem, was das Verhältnis zwischen Taiwan und China anbetrifft. Ist verstärkter Nationalismus eine Form der Kompensation für die nicht gewährte Anerkennung dessen, was im Gefühl schon lange Realität ist, nämlich ein de jure anerkannter taiwanischer Staat? Ist der Nationalismus eine natürliche Reaktion auf die Drohung des "Anderen", sich der mühsam erkämpften Rechte und Freiheiten zu bemächtigen? Eine Trotzreaktion, die durch die so unverhältnismäßige machtpolitische Unterlegenheit einer kleinen Insel gegenüber dem Kontinent-gleichen China nur noch gesteigert wird?

Hier noch ein zweiter Eindruck des Regisseurs, Wu Tung-wang:

Mar 3, 2009

the sound for now - my playlist feb. 2009

Zeit für ein wenig Leben hier...

Was folgt, ist ein kurzer Einblick in die Musik, die mich diesen Monat am Laufen und Leben und meine Abspiel-Software am Rotieren hielt - die Alben sind in keiner spezifischen Reihenfolge aufgelistet, sondern stimmungsabhängig zu genießen. Abwechslung ist die Kunst, und dies ist bei weitem keine neue Einsicht!

Thursday - Common Existence(Epitaph 2009)

Thursdays "Full Collapse" (2001) war eines jener musikalischen Erlebnisse, die meine Jugend formten. Es ist noch heute einmalig in seiner Intensität und Leidenschaft. Zumindest in Europa war es damals auch überhaupt kein Problem, zu seinen Gefühlen zu stehen und somit "Emo" zu sein. Das ist mittlerweile wohl anders. Zum Glück war Emo für mich nie eine Art, wie man seinen Scheitel und die Jeans trägt... "Common Existence" ist natürlich kein zweites "Full Collapse", und auch wenn es eine Zeit gab, in der ich mir nichts sehnlicher gewünscht hätte als das ("War all the Time" war schon eine Enttäuschung!), funktionieren Thursday mittlerweile um einiges besser als auf ihren letzten Alben. Es scheint wirklich so, dass der Labelwechsel zu Epitaph und eine wait and see-Einstellung Wunder gewirkt haben. Natürlich gibt es technisch anspruchsvollere Kapellen, doch das etwas postrockigere Gewand steht Thursday ausgesprochen gut. Die oft angeführten Envy-Referenzen aufgrund einer gemeinsamen EP (, die übrigens relativ schwach ausfiel, was aber v.a. an den heute so zahnlosen Japanern von Envy lag) kann ich nun nicht wirklich ausmachen, Thursday bleiben auch aufgrund der stimmlichen Präsenz Geoff Rickleys immer noch Thursday. Sie werden zum Ende von "Common Existence" hin zunehmend ruhiger und ich ertappe mich dabei, die Musik nur noch im Hintergrund zu verfolgen, während meine Aufmerksamkeit sich anderen Dingen zuwendet. Das zumindest wäre anno 2001 nicht vorgekommen. Ich werde wohl gleich noch einmal "Full Collapse" hervorkramen; Eine solche Atmosphäre, die mit einem Intro aufnimmt und einem Outro wieder in die normale Welt entlässt, ist einmalig! Samt der großartigen Steigerung "Autobiography of a Nation", dem emotionalen Wechselbad "Paris in Flames" und dem zu Tränen rührenden Schlussakt in "How Long is the Night?".

Anspieltipps hier: Tracks 1-4 zur Eingewöhnung und dann den Rest durchhören!

Gifts From Enola - Loyal Eyes Betrayed the Mind (Mylene Sheath 2006)

Es ist wie ein Traum.

Ich wandere über sanften Boden. Das Gras ist nass, ich spüre es an meinen nackten Füßen, die hinüber schweben, obwohl doch Winter ist und nur welkes Gras aus dem letzten Jahr auf Wiederbelebung wartet. Von rechts summt eine Melodie heran, eine Gitarre verfängt sich im Delay ihres stark rhythmisierten Metalriffes, wird von einer zweiten Melodie verfolgt und geht in einen himmlischen Basslauf über, nur um sich direkt im Anschluss in noch gewaltigere Höhen zu schrauben, mit einer absolut gewaltigen und dennoch klaren Verzerrung. Ein sphärisches Zwischenstück lässt unseren Traum sanft ausklingen. Und das in nur einem Stück.

Gifts From Enola spielen instrumentalen Postrock. Das ist soweit nichts Neues und gerade mächtig in Mode, möchte man kritisch anmerken. Der Unterschied aber liegt darin, dass sie uns genau das geben, was wir uns immer gewünscht haben: Neben all diesen wundervollen atmosphärischen und verträumten Parts, zu denen man einfach nur mit offenem Mund staunen kann und Tränen ob ihrer verschwenderischen Schönheit vergießen möchte, können Gifts From Enola nämlich auch noch richtig geil rocken! Ich bin versucht zu sagen, genau das hat in diesem Genre bisher gefehlt... Nur dass jetzt ja nicht Zehntausend auf den Gedanken kommen, genau das nachmachen zu wollen!

Ist besser als Caspian oder Russian Circles, die ich in letzter Zeit angebetet habe. Ein Stück Musik gewordene Schönheit, wie sie in Worten nicht auszudrücken ist.

Anspieltipps: Track 1 "Behind Curtains Closing" gibt die Richtung wie in Abstract-Form optimal vor. Zum Glück gehen hernach die Ideen nicht aus. "In the Company of Others" (Track 3) wäre aufgrund seines musikalischen Abwechslungsreichtum einem jeden Musikliebhaber ans Herz zu legen. Wundervolle Leads! Das Delay bei dieser hohen Verzerrung mit einer trocken verzerrten Stakkato-Rhythmusgitarre rockt ohne Ende! Dann kommt eine atmosphärische, elektronisch aufgebügelte Ruhepause, die aber nicht von langer Dauer ist. Gifts From Enola schaffen es glücklicherweise, Stimmungen auf- und abzubauen, mit "Screaming at Anything That Moved" als heimlichem Höhepunkt (Track 7). Absolut umwerfend!

PS: Die Band gibt es erst seit etwa drei Jahren. Wer nach zusätzlichem Stoff sucht, sei auf die ebenfalls geniale Split mit You May Die in the Desert verwiesen.

The Fall of Troy - Phantom on the Horizon EP (Equal Vision 2008)

Ein hässliches Plattencover soll uns nicht davon abhalten, diese 37-Minuten-EP zu unseren neuen Lieblingen hinzuzufügen...

Das Thema des musikalischen Reifungsprozesses dieses Autoren wurde oben bereits zur Genüge ausgewalzt. Ausgelassen wurde jedoch, welche Rolle the Fall of Troy in diesem Prozess spielten. Diese drei verrückten Jungspunde öffneten Augen! Dass so etwas möglich ist, wer hätte das schon gedacht... Astreinen Psychedelic Rock mit heiserem Gekeife und aberwitziger Arbeit an den Instrumenten zu kombinieren und dabei Momente von musikalischer Erhabenheit zu erschaffen, die unter Drogeneinsatz zu begehbaren Landschaften in 3D mutieren...

"Doppelgänger", das Zweitlingswerk von 2005, ist die Referenz für diese Truppe und wird es immer bleiben. Auch diese EP reicht nicht an die Klasse der einzelnen Songs von damals heran, doch ist auch das Konzept ein anderes. Hier wird mehr im Zusammenhang gebaut und die Grenzen zwischen den Songs sind mehr den Konventionen unserer Hörgewohnheiten geschuldet, bzw. um dem Werk des gebührenden opulenten Rahmen in 5 Kapiteln zu gewähren.

Langsam quält sich die EP in "Introverting Dimensions" hinein, wobei selbst im Intro eindeutig die einmalige Federführung dieser Band heraussticht (oder liegt das daran, dass ich es nun zu oft gehört habe und selbst die Dimensionen von Wahrheit und Traum kreativ miteinander kombiniere, in mehreren Bewusstseinsebenen wandele, was insofern bedeutungslos ist als es sich hier sowieso um eine rein subjektive Betrachtung handelt...). Doch schon am Ende von Chapter I blitzt das Können von the Fall of Troy in einer Hingabe von Ohrwurm auf! Bloß um dann in "Chapter II: A Strange Conversation" in einen Hit von wiedergewonnener Güte zu münden. Das letzte Studio-Album "Manipulator" hatte leider viel zu wenig von dieser inneren Kohärenz zu bieten. Die Ähnlichkeit mit den Frühwerken der Band kommt nicht von ungefähr, ist "Phantom on the Horizon" doch ein Re-Release der "Ghostship EP" von 2004. Es bleibt die Hoffnung, dass es dennoch ein Fingerzeig in die weitere Richtung dieser verrückten Barden sein wird. The Fall of Troy ist wohl das Paradebeispiel einer "Post"-Hardcore-Band, in dem Sinne, wie sie die Genregrenzen transzendiert und die Wälle einreißt, die unsere säuberlich formulierten Bewusstseinsschranken bisher erhielten. Dabei waren die Protagonisten zum erstmaligen Erscheinen der EP 2004 gerade mal Knaben von 19 Jahren! Ein Ausbund an irrwitziger Kreativität! Und das Grandiose ist vielleicht sogar, dass all die technischen Raffinesse nicht etwa die Atmosphäre leiden lässt, sondern sie vielmehr befördert. (Thomas Erak wurde 2007 von Alternative Press zum "Guitarist of the Year" erhoben.) Dabei gebe ich bereitwillig zu, dass diese Sorte Musik ein Stück Einfühlungsvermögen voraussetzt.

Anspieltipps: Chapter II: A Strange Conversation, Chapter III: Nostalgic Mannerisms, und dann alles von vorne bis hinten durch am Stück. Kopfhörer-Pflicht und bitte keine Ablenkung!

Russian Circles - Station (Suicide Squeeze 2008)

Langsam bauen sich die Bilder auf. Ein Kinderreigen aus sonnigen Melodien, zwei verträumte Gitarren, beim Tanz ineinander versponnen. Die Atmosphäre verdüstert sich kaum merklich und mündet in Lied zwei in ein dunkles Stakkato-Gewitter, gefolgt von Wällen übereinander gelagerter Akkorde. Nach einem weiteren Lead beruhigt sich die Landschaft wieder. Noch ist sie sich aber nicht ganz sicher. Die Vorsicht ist spürbar. Immer wieder lugt eine schlecht getarnte aggressive Miene hervor.

Und nochmal instrumentaler Post-Rock. Obwohl sie durchaus zu fesseln vermögen, sind Russian Circles aus Chicago jedoch nicht so abwechslungsreich und rhythmisch vielseitig angelegt wie Gifts From Enola. Doch auch sie vermengen ihre lieblichen akustischen Melodien immer wieder mit Ecken und Kanten und metallenen Riffs. Ein ideales Album zum Spaziergang durch einen erwachenden Frühlingswald ebenso wie im Herbst. Ihr Problem ist vielleicht, dass es mittlerweile zu viele dieser instrumentalen Rockbands gibt und sich auch das Niveau insgesamt steigert. Doch gehören Russian Circles eindeutig zu den besseren und sind insbesondere für jene zu empfehlen, die sich ein bisschen Muskeln in diesem Genre wünschen und nicht den "Schöne-Melodien-hoch-und-runter"-Einerlei. Songstrukturen werden aufgebrochen und wieder aufgenommen. Den Sog, den viele ihrer Kollegen erzeugen, streben Russian Circles nicht vordergründig an. Vielleicht entsteht er gerade deswegen aber doch. Nächsten Monat werde ich mich eingehender dem Vorgänger "Enter" widmen.

Anspieltipps: Und dann gibt es doch immer wieder diese genialischen Momente, wie sie gerade genau in der Mitte von Track 4: Verses auftauchen. Ein Ohrwurm von filigraner Gitarrenmelodie, der sich mit seinem ganzen Hall direkt festhakt und natürlich in eine schöne Steigerung übergeht. Das soll nicht negativ klingen! Für diese Art von Musik braucht es meiner Ansicht nach noch gar keine Innovation. Das funktioniert bestens so! Zum Vergleich seien hier Caspian, Mono, Pelican genannt (oft wird daneben noch Isis genannt). Track 6: Xavii besticht durch seine ruhige, unwiderstehliche Schönheit.

Heaven in Her Arms - Erosion of the Black Speckle (Liberation of Butterfly 2007)

So, und nun ein richtiger "take it or leave it"-Kandidat...

Wer sich einmal an das etwas gewöhnungsbedürftige Gekeife des Frontmannes gewöhnt hat, wird aber mit Momenten einmaliger Schönheit belohnt, die er fortan nicht mehr missen will. Heaven in Her Arms kommen aus Japan und das gibt die Richtung ganz gut vor, klingen sich schließlich wirklich wie die Proberaumnachbarn der Hardcore-Heroen Envy. Und auch Heaven in Her Arms wissen treibenden Screamo gekonnt mit Post-Rock zu verknüpfen, hier wechselt sich Mid-Tempo Hardcore zuweilen mit kurzen Kloppereien und sphärischen Elegien ab. Nach den letzten Enttäuschungen aus dem Hause Envy muss man wohl sogar sagen, dass Heaven in Her Arms ihnen mittlerweile den Schneid abkaufen.

Diese fleißigen Jungs haben übrigens ein paar Kostproben ihrer im Februar 2009 erschienen EP bei myspace online gestellt und meine Ohren damit so richtig eingefangen. Da lässt noch einiges auf sich warten!

Anspieltipps: Track 3: Intersection Arrangement, das sphärische Zwischenstück, und direkter Übergang in das repräsentative Track 4: Iron Wine and a Canary (Schon Envy fielen ja durch ihre wahnsinnig coolen Liedtitel auf - welche Wörterbücher benutzen die Japaner denn bitte?). Gemeinsam mit Envy sind auch diese genialen, in den Akkorden verborgenen Melodiebögen und Dur-Moll-Wechsel. Track 6: Correlative Sign und natürlich der epische Schlussakt Track 12: Erosion of the Black Speckle.

Five Minute Ride - The World Needs Convincing of All That It's Missing EP (Rise Records 2005)

Unglaubliche Power strömt da aus den Boxen! Das Schlagzeug jagt uns vor sich her, die Gitarren heulen wie Sirenen auf im Inferno und eine verzweifelte Stimme läutet mit "No one accepts you..." einen geschrienen Refrain ein. Von all der bodenlosen Ignoranz der Welt geplagt, bleibt uns nur dieser Ausweg, all unsere Wut aus uns heraus zu schreien. Keine Frage, das ist und war zum Zeitpunkt des Erscheinens nicht neu. Man tütet das heutzutage wohl schon unter "Emo" ein. Dabei machen Five Minute Ride so richtig Spaß, besonders, wenn man sie richtig laut dreht. Dann kommt die grandiose Rhythmusarbeit in Kombination mit ineinander verwickelten Leadgitarren so richtig zum Tragen. Plus natürlich diese sich überschlagende Stimme, die so gar keinen kalt lassen kann.

Keinen Reim machen konnte ich mir auf die Frage, ob die Band sich schon vor Jahren aufgelöst hat oder doch noch existiert, denn es scheint, als seien sie vom Hardcore-Giganten Victory Records gesignt. Andererseits gibt es seit Jahren kein Lebenszeichen. Das könnte eventuell daran liegen, dass Leadgitarrist Alex Poole im August 2003 an einer unbekannten bakteriellen Infektion starb. Schade wäre es schon, denn hier lag unglaubliches Potential vor. Ähnlichkeiten bestehen meiner Meinung nach zu Clarity Process und in ihrer unheimlichen Energie eventuell sogar zu The Fall of Troy.

Anspieltipps: Track 2: The Rapture Was Yesterday, Track 4: Sinking Conscience, Track 6: Oh, These Woeful Days (großartige Gitarrenlicks!)