May 11, 2008

Taiwan und die Demokratie

Kurzer Artikel in einer amerikanischen Studentenzeitung, der sich endlich für eine Unterstützung der DEMOKRATIE Taiwan ausspricht.

Auf höchster politischer Ebene geht es viel zu selten um die "Systemfrage" (zugunsten wirtschaftlicher , strategischer, geopolitischer Erwartungen). Dabei sollte uns die weltweite Erosion von Demokratien zu denken geben. Die Demokratie ist nur eine Weltanschauung, mit ihren Wurzeln in der europäischen Aufklärung (und in der christlichen Tradition). Und gerade weil sie nur ein mögliches System unter vielen ist, können wir nicht anteinahmslos ihr gegenüber dastehen, sondern müssen uns als überzeugte Demokraten, die wir am Erhalt unserer politischen Mitbeteiligung interessiert sind, eindeutig positionieren!

Das soll ja nicht heißen, wir würden China abweisen oder als Feind betrachten. Es muss doch aber wohl selbst innerhalb Chinas möglich sein, dass es verschiedene Formen politischer Mitbestimmung gibt! China ist ja nicht per se antidemokratisch.
Eine Demokratie, die einem autoritären Regime untersteht, ist jedoch keine Demokratie mehr. Das faktische Vorhandensein von zwei politischen Systemen China, von zwei unabhängigen "chinesischen" Staaten (chinesischer Kulturraum, meinetwegen) muss ebensowenig zwangsläufig und in alle Ewigkeit eine Teilung bedeuten. Zusammenkommen können die Teile aber erst, wenn sich eines oder beide Systeme aneinander anpassen.
Ich fürchte, dass bei der VR-Führung diese Sicht der Realität zweifellos nicht auf Gegenliebe stößt, obwohl sie sich sehr wohl bewusst ist, dass sie faktisch keine Macht direkt über Taiwan hat. Dabei böte eine Entspannung große Chancen. Die zukünftige Möglichkeit einer Wiedervereinigung wäre ja ausgeschlossen. Außerdem wären Frieden und Stabilität der beste Motor für wirtschaftliche Zusammenarbeit und eine Intensivierung der Beziehungen. Beziehungen, mit denen China sicher eher ein gemeinsames Empfinden und "chinesische" Gefühle bei den Inselbewohnern etablieren könnte. Viel eher als mit der gegenwärtigen Droh- und Ausschlusspolitik. Diese führt absehbar nur zu einer Eskalation des Konfliktes in der ein oder anderen Weise (von Protestwahlergebnissen bis hin zum leider nicht unmöglichen Krieg). Nichts stärkt die langsame, natürliche Entwicklung hin zu einem festen taiwanischen Selbstverständnis mehr als die irrationale VR-chinesische Politik - je nach Umfrageart betrachten sich zwischen 40 und 95% der Bevölkerung als "taiwanisch". Der Artikel spricht interessanterweise von einem "konditionalen" Verständnis der Taiwaner: Unabhängigkeit WENN friedlich, Vereinigung WENN demokratisch.
Momentan stehen weder Option 1 noch 2 zur Verfügung. Tritt jedoch 1 ein, braucht es 2 nicht, und umgekehrt. Und was machen wir solange, bis sich China demokratisiert?
(denn das ist wohl der einzige Schlüssel zur Lösung dieser Probleme...)

Dass auf Taiwan lange nicht alles Gold ist, was demokratisch funkelt und glänzt, versteht sich von selbst. Da jedoch zuletzt vermehrt Skandale und Kritik an der "Dollardiplomatie" Taiwans (der einzige Weg, sich internationale Unterstützung zu sichern - solange, bis China den Reisbeutel ganz weit aufmacht - und ein absolut kritikabler!) von sich reden machten, sei auf Michael Turtons Blog aus Taichung verwiesen, der das Ganze immer ganz genüsslich und absolut demokratisch aufarbeitet. Daneben viel über Ma Ying-jeou und warum nicht er das eigentlich Problem ist, sondern dieselben KMT-Hardliner aus martial law-Zeiten, deren Macht im Hintergrund bedrohlich und unerkannt ist. (Erinnern wir uns an die "hohen" Ämter Deng Xiaopings in der 80ern und 90ern...)